Sozialraumorientierung für mehr Teilhabe
LWL-Inklusionsamt Soziale Teilhabe entwickelt Haltung zur Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe
Was bedeutet Sozialraumorientierung?
Der Sozialraum wird im Rahmen des BTHG bei den Leistungen zur Sozialen Teilhabe besonders hervorgehoben. Die Leistungen zur Sozialen Teilhabe sollen dazu beitragen, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. Wesentliche Aspekte der Sozialraumorientierung zielen darauf, sämtliche zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen und aus eigener Kraft erreichbare Ziele anzustreben. Lebenswelten sollen subjektzentriert und lebensraumbezogen erkannt und gefördert werden, um die Potentiale des sozialen Raumes im Sinne des Menschen mit Behinderung zu nutzen. Erforderlich hierfür ist die intensive Vernetzung und Kooperation aller verfügbaren Dienste. Handlungsleitend hierbei ist das Normalitätsprinzip und das Prinzip der aktivierenden Unterstützung vor der betreuenden Tätigkeit. Das heißt, die Aktivierung der eigenen Kräfte des Menschen steht im Vordergrund, nicht die klassische, durch professionelle Tätigkeit erbrachte Betreuung.
Im Hinblick auf den Sozialraum ist dabei eine übergreifende und kontextbezogene Perspektive sinnvoll. Einerseits die Ressourcen der Menschen selbst und andererseits die Ressourcen weiterer Akteure des Sozialraums – etwa die dort vorgefundenen nachbarschaftlichen Beziehungen, sozialen Dienste, Schulen, Bildungs- und Freizeitangebote, Unternehmen, Kirchengemeinden oder die gesamte Infrastruktur wie ÖPNV, Bauten, Plätze und Parks sowie die Ressourcen der kommunalen Verwaltung usw. Ziel ist es insbesondere, neben den professionellen Hilfen auch die natürlichen Ressourcen des Sozialraumes in den Blick zu nehmen. Und zwar aus der jeweils individuellen Perspektive des Einzelnen. Dabei ergeben sich, je nach Bedarf und Perspektive völlig unterschiedliche und auch dynamische Ressourcen, die sinnvoll für die Realisierung der Teilhabe genutzt werden können. Sozialraum ist in diesem Sinne eben nicht statisch zu verstehen, sondern je nach Perspektive und Kontext dynamisch und subjektbezogen.
Sozialraumorientierung in diesem Sinne verstanden, bedeutet den Menschen mit Behinderung – soweit erforderlich - zu unterstützen bzw. zu befähigen, die natürlichen Ressourcen der sozialen Infrastruktur und der sozialen Netzwerke eigenverantwortlich, kontextbezogen und situativ im Sinne einer selbstbestimmten Teilhabe zu nutzen. Ausgehend von einem modernen Teilhabeverständnis geht es darum, den Menschen bei Bedarf zu befähigen und zu unterstützen, die eigenen Kenntnisse über den jeweiligen Sozialraum oder die Fähigkeiten, diese zu erwerben, aktiv zu unterstützen.
Sozialräumliches Denken im LWL-Inklusionsamt Soziale Teilhabe
Um dem Thema Sozialraumorientierung und dem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden, hat sich das LWL-Inklusionsamt Soziale Teilhabe 2023 mit konkreten Fragestellungen intensiv befasst. Was bedeutet die Sozialraumorientierung für die operative Arbeit sämtlicher Funktionsbereiche des LWL-Inklusionsamtes Soziale Teilhabe? Wie kann sozialräumliches Denken genutzt werden, um eine Verbesserung der Teilhabesituation von Menschen mit Behinderungen in Westfalen-Lippe zu erreichen?
In Anlehnung an einen ICF-orientierten Behinderungsbegriff fällt den Umweltfaktoren eine große Bedeutung zu. Es ist von zentraler Bedeutung, für eine förderliche Lebensumwelt aller Menschen zu sorgen. Infrastruktur, bürgerliches Engagement und eine große Vielfalt an passgenauen Angeboten müssen für alle unmittelbar verfüg- und abrufbar sein.
Das LWL-Kompetenzzentrum Soziale Teilhabe und das LWL-Kompetenzzentrum Sozialrecht nehmen dieses Wissen und die ressourcenorientierte Haltung zur Sozialraumorientierung im Rahmen der kontinuierlichen Schulungen und Qualifikationen der Teilhabeplanenden und des Fallmanagements mit auf und entwickeln es weiter. Schon in der Bedarfserhebung im Rahmen der Gesamtplanung können so vorhandene Ressourcen in den jeweiligen Sozialräumen mitberücksichtigt werden. Dieses dient der Selbstständigkeit und damit der Verbesserung der Teilhabesituation der leistungsberechtigten Personen.
Mitarbeitende aus dem LWL-Programm Selbstständiges Wohnen (SeWo) konnten ihrerseits Erfahrungen einbringen, die sie während der Planung und Umsetzung von Wohnprojekten mit „Quartiers- und Teilhabegestalterinnen und -gestaltern“ sammelten.
Verortet ist die Thematik Sozialraumorientierung auch in der Regionalplanung, da es nicht zuletzt darum geht, sozialräumliches Denken in den gemeinsamen Regionalplanungskonferenzen in Kooperation mit den Mitgliedskörperschaften, bei Kommunen sowie Leistungserbringern, zu etablieren und weiterzuentwickeln.